Ehrfurcht vor dem Stein








Wulf Hein hat am Mittwoch im Kunstpavillon eine Enführung in die Steinwerkzeugindustrie der Frühsteinzeit gegeben. Wulf Hein ist Archäotechniker, seine Arbeit besteht darin, Werkzeuge, Gebrauchs- und Kunstgegenstände einer bestimmten Kultur nachzubauen, ohne dafür moderne Hilfsmittel zu benutzen. Den Feuerstein, aus dem er im Kunstpavillon binnen 20 Minuten einen Faustkeil herausarbeitete, hat er auf einer Steinexkursion gesammelt. Es eignet sich nicht jeder Stein, auch Feuersteine haben unterschiedliche Qualität. Die kann man am Klang erkennen: ein Stein, der nicht klingt, ist tot. Im Laufe des Abends werden die Steine, die Wulf Hein bearbeitet, sozusagen lebendig. Der Aggregatzustand eines Objektes scheint plötzlich eine Frage der Relation: Immer gibt es etwas, das ist noch härter, und auch Steine waren irgendwann mal eine gallertartige Masse. Heins Assistent Steve zeigt an dem Rentierleder, aus dem seine Kleidung geschneidert ist, wie rasiermesserscharf nun die Klingen sind, die beim Schlagen des Steines entstehen. Angesichts der gleichzeitigen Schlichtheit und Komplexität dieses ersten Handwerks gewinnt man Achtung vor der Kunstfertigkeit der Neandertaler "und eine kurze Stunde lang widerhallt der südliche Hügelabhang von keinem gemeinen Witz". (Thoreau, Walden)

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